Laut dem 5. Vermögensbildungsgesetz können Arbeitnehmer vermögenswirksame Leistungen auch in Anteile einer Genossenschaft investieren. Wie es funktioniert, und worauf zu achten ist, zeigt der folgende Ratgeber.
➥ Das Wichtigste in Kürze
- Die Anlage vermögenswirksamer Leistungen in Genossenschaftsanteile ist kein normaler Sparvertrag, sondern eine Unternehmensbeteiligung. Der Arbeitnehmer erwirbt hierfür Anteile an einer Bau- oder Wohngenossenschaft.
- Der Sparer bekommt eine jährliche Dividende aus der Beteiligung sowie eine feste Verzinsung für seine VL.
- Das genossenschaftliche VL-Sparen wird nicht staatlich gefördert.
Bei welcher Genossenschaft ist VL-Sparen möglich?
Voraussetzung ist, dass die Baugenossenschaft über eine sogenannte Spareinrichtung verfügt, also Spareinlagen entgegennehmen darf. Als Anleger erhält man im Prinzip zwei Vergütungen: eine feste Verzinsung aus dem (VL)-Sparvertrag sowie eine jährliche Dividende aus den Anteilen. Wir haben die Konditionen verschiedener Anbieter recherchiert, und in der folgenden Übersicht aufgelistet.
Gewoba Nord eG
- VL-Sparen: 3,00 %
- Dividende: 2,50 %
- 0,00 bis 40,00 €
- Geschäftsguthaben: 260,00 €
- Eintrittsgeld: einmalig 50,00 €
Baugenossenschaft Braunschweig eG
- VL-Sparen: 1,50 %
- Dividende: 2,00 %
- 0,00 bis 40,00 €
- Geschäftsguthaben: 560,00 €
- Eintrittsgeld: einmalig 10,00 €
Heimkehr Hannover eG
- VL-Sparen: 0,75 %
- Dividende: 4,00 %
- 0,00 bis 40,00 €
- Geschäftsguthaben: 500,00 €
- Eintrittsgeld: einmalig 0,00 €
Ulmer Heimstätte eG
- VL-Sparen: 2,00 %
- Dividende: 4,00 %
- 27,00 bis 40,00 €
- Geschäftsguthaben: 160,00 €
- Eintrittsgeld: einmalig 25,00 €
VL in Genossenschaftsanteile anlegen: Wie funktioniert das?
Wer die besonderen Sparprodukte, wie z.B. vermögenswirksame Leistungen nutzen möchte, muss zunächst Mitglied der Genossenschaft werden. Wie das Ganze abläuft, zeigt die folgende Anleitung.
- 1. Der Arbeitnehmer tritt der Wohngenossenschaft als Teilhaber bei. Hierfür unterschreibt er eine Beitrittserklärung.
- 2. Dann erwirbt er sogenannte Geschäftsguthaben. Hierfür leistet er eine Mindest-Einlage, die je nach Gesellschaft zwischen 200 und 500 Euro beträgt. Zudem wird meist noch ein einmaliges Eintrittsgeld in Höhe von ca. 50 Euro fällig.
- 3. Als Mitglied hat man nun Zugriff auf die sogenannte Spareinrichtung. Hier befinden sich die verschiedenen Anlageprodukte, wie z.B. Festgeld, diverse Sparkonten oder eben vermögenswirksame Leistungen.
- 4. Der Anleger schließt einen Ratensparvertrag ab, der vom Prinzip her einem VL-Banksparplan gleicht.
- 5. Der Arbeitgeber benötigt schließlich noch die Kontodaten zur Überweisung der monatlichen Zahlungen.
Vorteile, Nachteile und Risiken
In Zeiten niedriger Zinsen kann die Anlage der vermögenswirksamen Leistungen in Genossenschaftsanteile eine interessante Alternative darstellen. Doch die Investition birgt auch einige Nachteile und Risiken, wie die folgende Übersicht zeigt.
Vorteile
- höhere Verzinsung der Spareinlagen als bei Banken
- jährliche Ausschüttung einer Dividende in Höhe von 2 bis 4 Prozent der Einlagesumme
- Nach Beitritt fallen für das Sparen keine weiteren Gebühren an.
Nachteile
- keine staatliche Förderung möglich
- keine Einlagensicherung: bei Insolvenz der Genossenschaft droht Verlust der geleisteten Einlage.
Was ist eine Wohn- oder Baugenossenschaft?
Eine Wohnungsbaugenossenschaft ist eine Vereinigung, die das Ziel verfolgt, ihre Mitglieder mit günstigem Wohnraum zu versorgen. Mieter die der Genossenschaft beitreten, können also Wohnungen zu Konditionen unterhalb des normalen Marktpreises erhalten. Zudem besteht meist ein lebenslanges Wohnrecht. Das Mitglied erwirbt jedoch kein Eigentum an der Wohnung, sondern wird Anteilseigner der Gesellschaft. In Deutschland gibt es ca. 1.900 Baugenossenschaften, die insgesamt 2.200.000 Wohnungen verwalten. Aktuell verfügen jedoch nur ca. 45 Genossenschaften über eine sogenannte Spareinrichtung, von denen wiederum ein Teil VL-Sparen anbietet.
Was sind Genossenschaftsanteile?
Wer einer Genossenschaft beitreten möchte, muss zunächst Anteile daran erwerben. Man kann sich Ganze wie bei der Aktie eines Unternehmens vorstellen. Nur dass es bei Genossenschaftsanteilen keinen Kurs und auch keinen Handel an der Börse gibt. Für einen Beitritt ist i.d. Regel eine Mindestanzahl an Anteilen notwendig. Gleichzeitig gibt es eine betragliche Obergrenze pro Mitglied. Mit den Einlagen finanzieren sich die Genossenschaften. Mit dem „eingesammelten“ Geld werden also die Wohnungen gebaut, gekauft oder renoviert. Das Mitglied bekommt im Gegenzug eine jährliche Verzinsung. Diese wird als Dividende bezeichnet. Die Höhe der Dividende richtet sich nach der Anzahl der gezeichneten Geschäftsanteile. Der Zinssatz wird einmal pro Jahr von der Mitgliederversammlung neu festgelegt, und beträgt derzeit zwischen 2 und 4 Prozent, siehe auch Beispiele oben.
Werden Genossenschaftsanteile staatlich gefördert?
Eine Förderung im Rahmen der vermögenswirksamen Leistungen, also über die Arbeitnehmersparzulage, ist nicht möglich. Inhaber von Genossenschaftsanteilen haben jedoch Anspruch auf die staatliche Wohnungsbauprämie. Es handelt sich hierbei um dieselbe Förderung, die auch bei der Anlage in einen Bausparvertrag gewährt wird. Die Beantragung erfolgt über ein standardisiertes Formular, welches der Sparer einmal im Jahr seiner Genossenschaft einreicht. Das Geld wird daraufhin vom Finanzamt überwiesen, und dem Mitgliedskonto gutgeschrieben. Es gelten die bei der Wohnungsbauprämie üblichen jährlichen Einkommensgrenzen, also 35.000 Euro bei alleinstehenden und 70.000 Euro bei verheirateten Personen.
Für wen lohnt sich das genossenschaftliche VL-Sparen?
Geld bei einer Baugenossenschaft anzulegen ist heutzutage immer noch den Meisten unbekannt, und gilt daher unter Sparern als Geheimtipp. Das liegt auch daran, dass die Gesellschaften keine Werbung für ihre „zusätzliche Dienstleistung“ machen. Tatsächlich kann das genossenschaftliche Sparen in Zeiten von Niedrigzinsen eine Alternative darstellen. Die Verzinsung ist zumindest etwas höher als bei vergleichbaren Geldanlagen, die man bei Banken bekommt. Dem steht jedoch ein erhöhtes Risiko gegenüber: Während bei der Insolvenz einer Bank die staatliche Einlagensicherung eintritt, kann man bei einer Pleite der Genossenschaft seine Ersparnisse komplett verlieren. Ein Verlust ist theoretisch auch bei der Anlage in Fonds oder ETF möglich. Aufgrund der langen Laufzeit sowie der breiten Streuung an den Märkten ist das Risiko jedoch überschaubar. Gleichzeitig bietet VL-Fondssparen deutlich höhere Renditechancen. Fazit: die Einzahlung der VL in Genossenschaftsanteile lohnt sich für Sparer, die Geld eher konservativ anlegen, dennoch etwas höhere Zinsen haben möchten, sich aber den Konsequenzen einer Pleite der Gesellschaft bewusst sind. Verbraucherzentralen raten derzeit aufgrund von Werbeanrufen angeblicher Baugenossenschaften zur Vorsicht.
Schröder meint
Guten Abend zusammen,
ich habe vor kurzem Anteile an einer der Genossenschaften (in Tabelle oben enthalten) erworben, und überlege nun, dort auch VL-Sparen zu machen. Dazu würde mich folgendes interessieren: Wie wird das eingezahlte Geld eigentlich dort investiert? Erwerbe ich damit Fonds, oder was genau passiert, wenn ich einzahle?
Vielen Dank soweit
Martin Sohn meint
Hallo,
man kann es am besten mit einem klassischen VL-Banksparplan vergleichen. Sie, bzw. Ihr Arbeitgeber zahlen jeden Monat Geld in einen festen Ratensparvertrag bei der Genossenschaft ein. Im Gegenzug erhalten Sie einen festen Zins. Der Zinssatz kann je nach Vertragsbedingungen fix oder auch variabel (veränderlich) sein. Wie bei vermögenswirksamen Leistungen üblich, erhalten Sie das Geld nach sieben Jahren zurück.
Freundliche Grüße
Rlvnk meint
Ist die Meldung bzgl. der DWG noch aktuell?
Dubiose Anlagen, 5 Jahre Mitgliedschaft bei VL-Anlage und recht schwache Anlagestrategien?
Martin Sohn meint
Hallo,
die DWG steht oder stand meines Wissens auf der Warnliste für Geldanlagen der Stiftung Warentest.
Freundliche Grüße
Thomas meint
Ich habe meinen VWL-Vertrag bei einer Wohnungsbaugesellschaft. Der Vertrag läuft seit 17 Jahren. Nun möchte ich aus finanziellen Gründen den Vertrag kündigen. Mir wurde mitgeteilt, dass ich zum Jahresende kündigen kann. Aber die Auszahlung erst nach zwei Jahren erfolgt. Ist das rechtmäßig?
Martin Sohn meint
Hallo,
ja das ist bei Wohnungsbaugenossenschaften üblich und auch rechtens. Die Kündigungsfristen sind üblicherweise in der Satzung der Genossenschaft festgeschrieben, und damit für die Mitglieder, also für Sie, bindend.
Freundliche Grüße