Arbeitnehmer können vermögenswirksame Leistungen auch rückwirkend erhalten: allerdings nur für einen bestimmten Zeitraum, und unter gewissen Bedingungen. Wir erläutern, wie es funktioniert, und worauf Sie achten sollten.
➥ Das Wichtigste in Kürze
- Vermögenswirksame Leistungen lassen sich auch nachträglich beantragen.
- In den meisten Fällen ist eine rückwirkende Einzahlung zum 1. Januar des laufenden Jahres möglich.
- Übernimmt der Arbeitgeber die Nachzahlung nicht, können Arbeitnehmer den Betrag vom eigenen Netto überweisen.
- Im öffentlichen Dienst und für Beamte gelten andere Regeln als für normale Angestellte.
Wie lange kann man vermögenswirksame Leistungen rückwirkend bekommen?
Wie lange man vermögenswirksame Leistungen rückwirkend bekommen kann, richtet sich nach der jeweiligen Vereinbarung im Arbeits- oder Tarifvertrag. Der früheste Termin ist der 01. Januar des Jahres, in dem der Vertrag abgeschlossen wurde: analog zur bei VL üblichen Sperrfrist. Diese Regelung gilt immer nur für das laufende Jahr, nicht jedoch für vorangegangene Jahre. Zudem sind immer nur Einzahlungen für komplette Monate, nicht jedoch für einzelne Tage möglich. Wie es funktioniert, zeigt der folgende Abschnitt.
Vermögenswirksame Leistungen rückwirkend erhalten: So geht´s
Arbeitnehmer können die vermögenswirksamen Leistungen in den meisten Fällen rückwirkend zu Beginn des Jahres erhalten, in dem der Arbeitgeber erstmalig Geld eingezahlt hat. Der genaue Ablauf wird an folgendem Beispiel erläutert:
- Die Arbeitnehmerin Frau Seidel bekommt 40,00 Euro VL pro Monat, die sie in ETF anlegt.
- Sie schließt den Vertrag mit Beginn 01.04.2023 ab, möchte jedoch den finanziellen Vorteil für das komplette Jahr nutzen.
- Frau Seidel bittet ihren Arbeitgeber um eine nachträgliche Einzahlung für die vergangenen drei Monate.
- Hierzu trägt sie auf der Anlagebestätigung, die sie vom Anbieter bekommt, den zusätzlichen Einmalbetrag ein.
- Die Bestätigung legt sie ihrem Chef vor, welcher daraufhin 160,00 Euro (4 x 40,00) auf ihr Depot überweist.
Wer finanziert die nachträgliche Einzahlung?
Die Überweisung auf das VL-Konto nimmt immer der Arbeitgeber über die Lohnabrechnung vor. Das sagt jedoch nichts darüber aus, von wem das Geld kommt. Wer die nachträglichen Beiträge finanziert, ist häufig im Tarifvertrag der jeweiligen Branche geregelt. Gibt es keine Regelung darüber, ist die Finanzierung für den Arbeitgeber freiwillig. Ist der Betrieb nicht zur Zahlung bereit, haben Sie als Arbeitnehmer die Möglichkeit, die VL-Beiträge von Ihrem Nettogehalt abziehen zu lassen, und auf den Sparvertrag zu überweisen.
Was gilt im öffentlichen Dienst und für Beamte?
Für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten zwei wichtige Unterschiede. So haben z.B. Beschäftigte laut Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes TVöD lediglich Anspruch für die beiden vorangegangenen Monate desselben Kalenderjahres. Zudem ist immer der Dienstherr verpflichtet, die nachträglichen Einzahlungen zu leisten.
Ist eine nachträgliche Einzahlung der VL immer möglich?
Ob man VWL nachträglich einzahlen kann, hängt von der gewählten Anlageform sowie den genauen Vertragsbedingungen ab. Bei Bank- und Fondssparplänen ist dies i.d. Regel kein Problem. Schwieriger wird es jedoch bei einem Bausparvertrag. In den ABB (allgemeine Bedingungen für Bausparverträge) ist geregelt, wie viel Promille der Bausparsumme als monatliche Rate zu zahlen sind. Eine höhere Einzahlung bedarf der Zustimmung der Bausparkasse. Diese sollte möglichst vorher immer eingeholt werden. Ansonsten kann es sein, dass die Bausparkasse den überschießenden Betrag zurück überweist.
Warum sollte man vermögenswirksame Leistungen rückwirkend beantragen?
Häufig kommt es vor, dass Arbeitnehmer die vermögenswirksamen Leistungen nicht sofort nutzen können, z.B. weil sie ihren Anspruch gar nicht kennen, oder es durch einen Arbeitgeberwechsel zu einer Unterbrechung der Sparraten gekommen ist. Um kein Geld zu verschenken, gibt es die Möglichkeit, VL rückwirkend zu erhalten. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass man auch die staatliche Förderung für das komplette Jahr beanspruchen kann.
Kann man auch die Arbeitnehmersparzulage nachträglich beantragen?
Vermögenswirksame Leistungen werden mit der sogenannten Arbeitnehmersparzulage staatlich gefördert. Auch die Förderung lässt sich nachträglich beantragen, und zwar für die letzten 4 Jahre. Die Frist für die Antragstellung läuft immer zum 31.12. des vierten Jahres ab. Wer also z.B. die Sparzulage für 2020 beziehen möchte, hat hierfür bis zum 31.12.2024 Zeit. Wichtig ist, dass Sie 1. im genannten Zeitraum die Sparraten regelmäßig eingezahlt, und zudem 2. die Einkommensgrenzen nicht überschritten haben. Wie Sie die Förderung beantragen, haben wir im Kapitel Arbeitnehmersparzulage für Sie erläutert.
Lukas meint
Ich habe vor 16 Jahren die AVWL beim Arbeitgeber geltend gemacht, welcher mit seitdem 13,29€ zahlt. Nun habe ich aber seit 13 Jahren ausgelernt, und zu dem Zeitpunkt hätte er das auf 26,59€ (IG Metall) aufstocken müssen oder? Und kann ich den Differenzbetrag trotzdem noch nachfordern, da mir der Fehler erst gestern aufgefallen ist?
Martin Sohn meint
Hallo,
ich würde das Geld in jeden Fall nachfordern, da es Ihnen ja zusteht. Welchen rechtlichen Anspruch Sie nach der langen Zeit noch haben, und wie Sie den durchsetzen, kann ich Ihnen allerdings nicht sagen.
Freundliche Grüße
Sandra meint
Hallo,
wenn ein Arbeitnehmer (im Mai bereits ausgeschieden) nun rückwirkend die vermögenswirksamen Leistungen haben möchte: Muss ich diese gewähren? Der MA ist im Januar eingetreten, und hat ab Februar die VWL erhalten, da dann der Antrag abgegeben wurde. Von Januar war nie die Rede. Nach Ausscheiden des MA, wird für Januar der AG-Anteil gefordert.
VG
Martin Sohn meint
Hallo,
ein rückwirkender Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der VL (auch für den Januar) besteht dann, wenn es im Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung dazu gibt. Ist dies nicht der Fall, können Sie als Arbeitgeber selbst entscheiden, wie Sie vorgehen möchten. Möglicherweise hat der Arbeitnehmer jedoch gar keinen Anspruch mehr auf die nachträgliche Zahlung, da er nicht mehr im Unternehmen arbeitet. Dies wäre jedoch eine arbeitsrechtliche Frage, die ich jetzt nicht beantworten kann.
Freundliche Grüße
Chris meint
Guten Tag,
ich habe am 01.08.2023 bei meinem neuen Arbeitgeber angefangen. Habe dabei auch gleich eine Kopie meines Bausparvertrages vorgelegt, um die vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 40€ zu erhalten. Nun habe ich die letzten Lohnabrechnungen nicht kontrolliert, und jetzt festgestellt, dass ein Fehler unterlaufen sein muss und ich die VWLs nicht erhalten habe. Können diese noch rückwirkend vom Arbeitgeber gezahlt werden, oder habe ich in der Sache Pech gehabt?
LG
Martin Sohn meint
Hallo,
ja eine Nachzahlung ist rückwirkend zum Jahresbeginn, also dem 01.01.2023 möglich. Erkundigen Sie sich am besten bei Ihrem Arbeitgeber. Ich vermute mal, dass Sie das Geld nachgezahlt bekommen.
Freundliche Grüße